Probiotika und Hauterkrankungen – eine Erfolgsgeschichte?

Makroaufnahme von einem grünen Blatt

Wir freuen uns, hier einen Gastbeitrag unseres geschätzten Praxiskollegen, Heilpraktiker Joerg Graf, dessen Praxisschwerpunkt die ganzheitliche Dermatologie ist, zu veröffentlichen.

Bakterien und Haut

Auf der Haut befinden sich bis zu 10 Milliarden Bakterien, die natürliche Hautflora. Ähnlich wie die Bakterien im Darm, wird die Hautflora auch als Mikrobiom bezeichnet. Durch unterschiedliche Faktoren (Luftverschmutzung, Stress, Pflegemittel), kann diese durcheinandergebracht werden. Im Darm tragen deutlich mehr, Billionen von Bakterien dazu bei, dass unser Stoffwechsel funktioniert. Wenn das Mikrobiom im Darm nicht „richtig“ zusammengesetzt ist, kann es sein, dass Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente nicht richtig aufgenommen werden können. Dies zusammen mit Schadstoffen, kann zu allergischen Reaktionen oder Akne und Ekzemen führen.

Können Probiotika bei Hauterkrankungen helfen?

„Pro bios“ bedeutet „für das Leben“. Probiotika liefern nützliche Bakterien für den Darm. Es gibt zahlreiche Studien über die Effekte von Probiotika bei verschiedenen Hauterkrankungen. Zu den häufigsten Erkrankungen am Organ Haut zählt die Akne. Über Schamgefühle und soziale Auswirkungen muss man die Betroffenen nicht weiter aufklären. Die Rate der Erkrankten in einem bestimmten Zeitabschnitt (Prävalenz) der Akne im Jugend- und jungen Erwachsenenalter beträgt bis zu 90 Prozent. Die American Academy of Dermatology hat bereits im Jahr 2014 veröffentlicht, das Probiotika wahrscheinlich das wirksamste Mittel zur Heilung von Akne und auch Rosazea darstellt. Probiotika können in fermentierter Form als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden. Am vielversprechendsten sind die Bakterien Lactobacillus paracasei, Enterococcus faecalis, Lactobacillus plantarum und Streptococcus salivarius, die Wirksamkeit gegen Akne gezeigt haben. In einer japanischen Studie war auch das Bakterium L. rhamnosus SP1 bei Akne wirksam1. Hier wird der Effekt über den Haut-Darm-Verbund genutzt. Eine andere Variante ist das direkte applizieren von Cremes, Salben mit lebenden Bakterien, die das Hautmikrobiom besiedeln. Interessant sind hier die Bakterien L. acidophilus und B. bifidum2,3.

Neurodermitis und der Darm

Eine der häufigsten auch vom Darm ausgelösten Erkrankungen ist sicherlich die Neurodermitis. Bei diesem Krankheitsbild versuchen der überlastete Darm und die Leber, Schad- und Giftstoffe über die Haut auszuleiten. Die Haut könnte somit auch als ein Parameter für den Zustand des Darms und der Leber angesehen werden. Daher sind eine Darmsanierung und Entgiftung bei Neurodermitis die vorrangigen therapeutischen Schritte. Probiotika sind hierbei ein Teil der Therapie. Hier hilft es nicht irgendwelche Probiotika einzunehmen, sondern mithilfe moderner Stuhldiagnostik wird zunächst untersucht, wie der Zustand der Darmflora ist und anschließend erfolgt eine entsprechende Auswahl möglicher Probiotika. Beispielsweise zeigte sich bei täglicher Einnahme von ausgewählten Bifido- und Lakto-Bakterienstämmem, dass Neurodermitis Patienten nach vier Monaten deutlich weniger Krankheitsschübe hatten und das Hautbild oft deutlich besser war4. Meist wird die Erkrankung im Winter schlimmer, so dass eine vorbeugende Einnahme sinnvoll sein kann.

Trockene Haut verstärkt im Winter

Ein weiteres häufiges Problem, bereitet oftmals ausgetrocknete Winterhaut, die von der Kälte und der trockenen Luft verstärkt wird. Auch hier können Bakterien helfen und der Haut Feuchtigkeit wiederbringen. Was hier genau passiert? Bakterien können die Produktion von Hyaluronsäure fördern. In einer Studie aus 2008 von Dr. L Di Marzio et al wurde gezeigt, dass eine Hautcreme, die Streptococcus thermophiles enthält, für mehr Hautfeuchtigkeit sorgen kann. Damit kann der Feuchtigkeitsverlust reduziert und ein Schutzschild gegen die Umwelteinflüsse aufgebaut werden. In den normalen Anti-Aging Produkten wird Hyaluronsäure durch die Fermentation von Streptococcus zooepidemicus erzeugt. Auch Laktobazillen haben Potenzial, denn diese unterstützen nachweislich die Wasserspeicherung der Haut und helfen damit gegen Austrocknen, Fältchen und altersbedingte Falten der Haut.

Ist der Darm krank, ist auch die Haut krank?

Wie zu Beginn bereits erwähnt, kann eine schlechte Mikrobiota vielfältige Auswirkungen haben. Dazu gehören Verdauungsprobleme, Blähbauch, Stuhlunregelmäßigkeiten und vieles mehr. Natürlich sind die Ursachen für ein verändertes Mikrobiom demnach vielfältig, wie schlechte Ernährung, Probleme im Zusammenhang mit dem Magen oder der Bauchspeicheldrüse, die im Rahmen der Therapie mit abgeklopft werden müssen. Wir fokussieren uns hier uns hier auf Erkrankungen, die sich im Zusammenhang mit der Haut zeigen.

Hilfe kann unterschiedlich aussehen. Nach einer ausführlichen Stuhlanalyse durch akkreditierte Labore, können mithilfe von Probiotika Fäulniskeime bekämpft und das Mikrobiom optimiert werden. Dazu gehört auch, dass die Darmschleimhaut durch Vitalstoffe, wie Zink, L-Glutamin und Lecithin aufgebaut werden. In Interventionsstudien wurden die Bakterien Lactobacillus acidophilus und bulgaricus oder Bifidobacterium bifidum bei Aknepatienten getestet. Bei diesen Patienten konnten bis zu 80% Verbesserungen feststellen.

Kleine Bakterien – große Helfer bei Hauterkrankungen

Probiotika erscheinen in der Forschung als Hoffnungsträger. Sie hemmen Propionibakterien, die Bestandteil der Hautflora sind. Eine erhöhte Populationsdichte begünstigt die Bildung von Akne. Probiotika können immunmodulatorisch auf Keratinozyten und Epithelzellen wirken. Durch die immunmodulierenden Eigenschaften, kann die Einnahme von Probiotika allergiebedingte entzündlichen Reaktionen vermutlich durch die Stimulation der Zytokinbildung positiv beeinflussen5. Zudem kann durch Probiotika die gestörte Balance der TH1- und TH2-Helferzellen normalisiert werden. TH2-Helferzellen sind maßgeblich an der Entstehung allergischer Reaktionen vom Soforttyp beteiligt. Durch die Aufnahme von Probiotika können die allergische Reaktion gedrosselt werden6.

Schlussbemerkung

Abschließend ergibt sich ein positives Bild für Probiotika, die an vielen verschiedenen Stellen ansetzen. Dazu gehört sicherlich die Feuchtigkeitsregulation der Haut, Alterungsprozess der Haut, immunologische Wirkungen, antimikrobielle Wirkung, Schutzschild und Einfluss auf den Darm-Haut-Verbund. Sicherlich besteht auf diesem Gebiet noch großer Forschungsbedarf, die positiven Effekte auf verschiedene Hauterkrankungen lassen sich jedoch kaum leugnen. Oft bestehen bei Hauterkrankungen wie Rosacea, Neurodermitis, Akne und Schuppenflechte ein Ungleichgewicht in der Darmflora, so dass bei bestehenden Hauterkrankungen eine Behandlung mit Probiotika sinnvoll erscheinen kann. Auch mit unserer täglichen Nahrung können wir einen wichtigen Beitrag zu dem Gleichgewicht der Darmflora (Mikrobiom) herstellen.

Quellen:

1Bowe W, Logan A. Acne vulgaris, probiotics and the gut-brain-skin axis – back to the future? Gut Pathog. 2011;3(1):1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21281494

2Fabbrocini G, Bertona M, Picazo Ó, Pareja-Galeano H, Monfrecola G, Emanuele E. Supplementation with Lactobacillus rhamnosus SP1 normalises skin expression of genes implicated in insulin signalling and improves adult acne. Benef Microbes. 2016;7(5):625-630. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27596801.

3Mottin VHM, Suyenaga ES. An approach on the potential use of probiotics in the treatment of skin conditions: acne and atopic dermatitis. Int J Dermatol. April 2018:1425-1432. doi:10.1111/ijd.13972

4Manzotti et al., (2014). Probiotics as a Novel Adjuvant Approach to Atopic Dermatitis, Columbia International Publishing Journal of Contemporary Immunology

5Miraglia del Guidice, M., De Luca, M. G. The role of probiotics in the clinical management of food allergy an atopic dermatitis. J Clin Gastroenterol. 38:84-5

6 Bjorksten, B. 2005. Evidence of probiotics in prevention of allergy and asthma. Curr Drug Targets Inflamm Allergy. 4(5):599-604

Hinweis:

Die Informationen in diesem Beitrag sind, obwohl nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, ausschließlich für Interessierte zu Lernzwecken gedacht und stellen keine Empfehlung dar. Vor Veränderungen von Diät, Trainingsplan oder der Einnahme von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln konsultiere bitte deinen Arzt oder Heilpraktiker. In vielen Bereichen rund um das Mikrobiom müssen noch viele Studien durchgeführt werden, bevor allgemeingültige Empfehlungen ausgesprochen werden können. Der Erfolg einer Probiotikatherapie ist abhängig von der individuellen Ausgangslage.

Autor: Joerg Graf